Massivhaus oder Fertighaus – Was ist besser?

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Wenn man sich entschieden hat, ob man ein Haus bauen möchte oder weiter zur Miete wohnen will, steht direkt die nächste große Entscheidung an. Wollen wir ein Massiv- oder lieber ein Fertighaus?

Als Massivhaus bezeichnet man dabei ein Haus, das ganz traditionell Stein auf Stein gemauert worden ist. Gebäudehülle und tragende Innenwände bestehen aus massiven Materialien wie Beton-, Kalk- oder Ziegelsteinen, die durch Mörtel miteinander verbunden werden. Allein der Dachstuhl hat eine Holzkonstruktion. Das Massivhaus ist in der Regel identisch mit einem Architektenhaus und bietet dem Bauherrn zunächst einmal alle Möglichkeiten, seinen ganz eigenen Traum vom Eigenheim umzusetzen.

Anders hingegen das Fertighaus, bei dem Holz der grundlegende Werkstoff ist. Die verschiedenen Bauelemente der Gebäudehülle sowie des Innenausbaus werden in trockenen Werkshallen industriell in der so genannten Holzständerkonstruktion vorgefertigt und zum Schluss zur Baustelle transportiert und dort montiert. Bei Fertighäusern handelt es sich in der Regel um Standardprojekte mit eingeschränkten Individualisierungsoptionen.

Doch was ist besser? Im Folgenden wollen wir als Bewertungsbasis verschiedene Aspekte eingehender betrachten und vergleichen: Qualität, Preis, Abwicklung, Bauzeit und Wiederverkaufswert.

 

Materialqualität versus Qualität durch industrielle Fertigung

Oft wird behauptet, dass die Qualität eines Massivhauses besser sei als die eines Fertighauses. Dabei wird sich in erster Linie auf die Materialien bezogen, die weniger anfällig für Schimmelbildung und schwerer entzündlich seien, angeblich ein besseres Raumklima und mehr Ruhe bedingen und insgesamt stabiler und langlebiger seien. Doch inwieweit stimmen diese Annahmen überhaupt?

 

Fertighäuser sind weniger schimmelanfällig, aber wasserempfindlicher

Die Wände eines Fertighauses sind fertigungsbedingt (Werksfertigung und schnelle Montage) und bei richtiger Luftdichtigkeit (!) per se deutlich trockener als Steinwände, bei denen ausreichend lange Trocknungsphasen zwischen den einzelnen Bauphasen das A und O für die spätere Schimmelvermeidung sind. Ein nicht zu vernachlässigender Pluspunkt der Holzwände in Puncto Schimmelvermeidung ist neben der Werksfertigung ihre geringe Wärmeleitfähigkeit bzw. ihre konstante Temperatur. Sie verhindert nämlich die gefürchteten Kälte-Wärmebrücken, die eine Schimmelbildung so sehr begünstigen.

Nichtsdestotrotz sind Fertighauswände materialbedingt (Gipskarton, Holz und mineralische Dämmung) wasserempfindlicher als die Wände eines Massivhauses (Stein und Mörtel). Ein Rohrbruch oder gar Überschwemmungen bedeuten darum im Fertighaus einen größeren Aufwand bei der Schadensbehebung. Tipp: Zumindest der finanzielle Schaden kann durch eine gute Gebäudeversicherung abgefangen werden.

 

Keine Unterschiede bei der Entflammbarkeit

Materialbedingt würde jeder davon ausgehen, dass Fertighäuser leichter brennen als Massivhäuser. Doch die Holzwände sind in der Regel durch schwerentflammbare Platten geschützt. Geraten sie trotzdem einmal in Brand, so verkohlt das dahinterliegende Holz nur langsam von außen nach innen, wirkt dann als zusätzliche Schutzschicht und gewährleistet damit eine lange Stabilität der Konstruktion. So stehen Fertighäuser auch in einem seltenen Brandfall einem vergleichbaren Massivhaus in nichts nach. Untermauert wird dieser Zustand auch durch die übergreifend geltenden Brandschutzvorschriften sowie die Tatsache, dass sich die Versicherungsprämien für Fertighäuser, von denen für Massivhäuser baumaterialtechnisch nicht mehr unterscheiden.

 

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Etwas besseres Raumklima im Massivhaus

Während die wärmedämmenden Eigenschaften für die Schimmelvermeidung wie oben dargestellt durchaus positiv sind, sind sie unter dem Aspekt Raumklima differenziert zu betrachten. Einerseits sorgt eine gute Wärmedämmung zwar für ein behagliches Wohngefühl: Es zieht nicht. Andererseits ist eine natürliche Temperaturregelung über die Wände aber nicht möglich. Das ist bei einem Massivhaus anders: Wird die Zimmerluft dort durch Kamin oder Sonneneinstrahlung zu sehr aufgeheizt, so können Steinwände diese Wärme aufnehmen und zu einem späteren Zeitpunkt wieder abgeben. Die Zimmer bleiben damit im Sommer kühl und im Winter warm.

Neben der Wärmeregulation wird das Raumklima außerdem von der Feuchtigkeitsregulation bestimmt. Obwohl es besonders die Massivhausanbieter sind, die mit diesem Pluspunkt für sich werben, gilt er mindestens genauso für die Fertighausanbieter.

 

Massivhäuser im Schallschutz unwesentlich führend

Die Holzkonstruktion der Fertighauswände ist um einiges schmaler als eine Massivhauswand aus Stein. Während sich das auf die Wohnfläche zwar durchaus positiv auswirkt, ist es in puncto Schalldämpfung deutlich nachteilig – insbesondere bei großen Familien oder beim Bau einer Doppelhaushälfte. Hinzu kommt, dass Holz Geräusche viel besser als Stein und Beton überträgt. Um hier konkurrenzfähig zu bleiben, haben die meisten Fertighausanbieter Abhilfe geschaffen. Durch die Kombination verschiedener Materialien, Brettstapeldecken oder schwimmende Estriche haben sie den Schallschutz über die gesetzlichen Schallschutzanforderungen hinaus verbessert.

 

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Stabilität und Langlebigkeit funktionieren nicht mehr als Differenzierungsmerkmal

Lange Zeit ist man davon ausgegangen, dass Massivhäuser aufgrund der hochwertigeren Materialien mit 120 Jahren 1,33-mal so lange halten wie Fertighäuser. Sie könnten damit also eine Generation länger genutzt werden. Doch entgegen dieser Meinung hat sich in einer Studie der Universität Leipzig herausgestellt, dass Fertighäuser ein ähnlich hohes Alter erreichen, je nach Bauweise und Ausstattung sogar übersteigen können. Wie auch immer: Bei dem einen wie dem anderen sind regelmäßige Pflege und Wartung entscheidend. Bei vielen Fertighausanbietern gehören diese zum Service und sind Bestandteil des Werksvertrags.

 

Vorteile einer industriellen Fertigung

Apropos Werksvertrag, bei genauer Betrachtung stellt gerade die Werksproduktion einen ganz entscheidenden Vorteil des Fertighausbaus dar. Fertighausanbieter haben nämlich die einzelnen Bauteile standardisiert und deren Produktion präzise aufeinander abgestimmt, so dass die Fehlerwahrscheinlichkeit reduziert wird. Die Produktion ist automatisiert und bewährt. Die einzelnen Gewerke befinden sich optimalerweise inhouse und werden durch einen einzigen Bauleiter koordiniert. Damit ist die terminliche Abstimmung viel unkomplizierter als beim Massivhausbauprojekt und die Fehlerwahrscheinlichkeit nochmal weiter reduziert.

 

Fertighäuser sind per se energieeffizienter

Wir haben oben bereits erwähnt, dass Fertighäuser als Grundmaterial Holz verwenden. Dieses, aber auch neuere Dämmstoffe in den Zwischenräumen sorgen für eine exzellente Wärmedämmung. Damit lassen sich KfW-Energiesparhäuser, Passivhäuser und Plusenergiehäuser problemlos realisieren. Das bedeutet wiederum finanzielle Vorteile, die nicht von der Hand zu weisen sind: Die KfW gewährt für diese Häuser auf Antrag ein zinsgünstiges KfW-Darlehen sowie einmalige Zuschüsse.

 

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Kostengünstiger durch Standardisierung und Materialwahl

Und schon sind wir beim Thema Kosten. Beim typischen Fertighausbau handelt es sich um die Umsetzung von Typenhäusern, deren Aussehen und Grundrisse nur geringfügig an die persönlichen Bedürfnisse oder die jeweiligen Bauvorgaben angepasst werden. Die Ausstattung ist etwas stärker individualisierbar – allerdings ebenfalls nur innerhalb eines bestimmten Rahmens. So kann der Bauherr für Fassade, Dacheindeckung, Türen und Fenster, Bodenbeläge und Tapeten normalerweise zwischen mehreren Varianten wählen. Das gilt auch für Heizung und Haustechnik. Nichtsdestotrotz bedeutet ein Fertighaus im Vergleich mit einem Massivhaus weniger Individualität und weniger Gestaltungsspielraum. Dadurch fallen die Architektenkosten allerdings auch deutlich niedriger aus als beim Bau eines Massivhauses.

Zudem werden Fertighäuser hauptsächlich aus Holz gebaut, sei es in Holzständer- oder Holztafelbauweise. Dieses Grundmaterial ist sehr günstig und wird durch den projektübergreifenden Einkauf noch mal günstiger. Die werkseitige Vorfertigung der Fertigbauelemente bedeutet weitere Skaleneffekte.

Darüber hinaus hat die Standardisierung einen ganz klaren Planungsvorteil: Die Kosten sind von Anfang an genau kalkuliert, der Festpreis mit Vertragsabschluss garantiert und der Kreditabruf relativ genau planbar.

Damit ist der Bau eines Fertighauses deutlich günstiger als der eines Massivhauses, für das eine teurere Architektenleistung, höherpreisige Materialien und Ausstattung sowie längere Bauzeiten einkalkuliert werden müssen. Außerdem verursachen die üblichen Bauverzögerungen beim Massivhausbau oftmals unnötige Bereitstellungszinsen der Bank und Doppelbelastungen durch Miete, welche die Gesamtkosten weiter in die Höhe treiben.

Soweit die Regel. Denn mittlerweile bieten auch zahlreiche Fertighausanbieter Architektenhäuser an. Die Individualisierung der ehemals standardisierten Haustypen und das Upgrade in Ausstattung und Materialien sind aber nicht umsonst. Im Gegenteil! Der Fertighauspreis liegt dann schnell bei dem eines vergleichbaren Massivhauses – mindestens.

 

Eigenleistung ist bei beiden Haustypen möglich

Die Eigenleistung dürfte auf die Entscheidungsfindung keinen großen Einfluss haben. Beim Bau eines individuellen Hauses kann der Bauherr statt der Beauftragung eines Gewerks natürlich auch einfach selbst die Ärmel hochkrempeln und gleichzeitig Handwerkerkosten sparen. Doch auch beim Fertighausbau gibt es diese Option, denn fast alle Anbieter haben mehrere Ausbaustufen – von Rohbau bis schlüsselfertig – im Angebot, bei denen der Teil der Eigenleistung sukzessive zunimmt und die Vertragskosten sinken.

 

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Fertighausanbieter bieten einen umfangreichen Rundum-Service

Beim Fertighausbau gibt es einen zentralen Ansprechpartner, der die komplette Bauplanung übernimmt, die verschiedenen Aufgaben verteilt und koordiniert. Er unterstützt darüber hinaus bei der Kommunikation mit Behörden und Ämtern, wie etwa beim Bauantrag usw. Gibt es noch kein Grundstück oder noch keine Finanzierung, kann er auch hier behilflich werden. Das Pendant beim Massivhausbau wären der Bauträger oder der Generalübernehmer. Darüber hinaus garantieren Fertighausanbieter oft über viele Jahre lang noch die Wartung und Pflege des Hauses – ein Service, den es beim Massivhaus so nie gibt.

 

Deutliche Unterschiede in der Bauzeit von Fertighaus und Massivhaus

Fertighausanbieter bieten eine genaue und zügige Vorabplanung und die Koordination aus einer Hand. Der Hausaufbau auf dem Grundstück erfolgt in maximal drei Tagen und ist damit weitgehend witterungsunabhängig. Durch den Verzicht auf Beton und Mörtel fallen außerdem kaum Trocknungszeiten an. Demzufolge ist die Bauzeit, betrachtet von Vertragsunterschrift bis zum Einzug, deutlich kürzer als beim Bau eines Massivhauses. Da dauert allein die Planung oftmals viel länger. Denn mit der Menge an Möglichkeiten steigen natürlich auch der Informationsbedarf und die Schwierigkeit, sich zu entscheiden. Klar, oder? Und auch der Aufbau eines Massivhauses dauert deutlich länger, durchschnittlich 9 Monate: Beanstandungen in der Bauphase sind keine Seltenheit, über Winter geht es nur stockend voran und die Trocknungszeiten zwischen den einzelnen Bauphasen und vor dem Umzug brauchen mitunter Wochen.

 

Wiederverkaufswert unterscheidet sich nicht mehr

Experten sind lange Zeit davon ausgegangen, dass der Wiederverkaufswert eines Massivhauses nach einer Generation 10-15% höher als der eines Fertighauses ist. Dies begründeten sie durch eine längere Lebensdauer der Immobilie und eine größere Nachfrage nach Massivhäusern. Eine Studie der Fachhochschule Nordostniedersachsen hat allerdings ergeben, dass sich der Wohngebäudewert von Fertighäusern und Massivhäusern seit den 80er Jahren so gut wie nicht mehr unterscheidet. Nichtsdestotrotz tun sich einige Banken noch immer schwer mit der Beleihung von Fertighausbauten.

 

Warum wir uns für ein Fertighaus und gegen ein Massivhaus bzw. Architektenhaus entschieden haben.

Die vorangegangene Darstellung zeigt, dass Massivhaus und Fertighaus in vielen Punkten vergleichbar sind, wenn man von einem gleichen Qualitätsstandard ausgeht. Fertighäuser sind etwas weniger schimmelanfällig und energieeffizienter, Massivhäuser liegen beim Raumklima und der Schalldämmung noch vorn. Der wesentlichste Unterschied liegt allerdings im Gegensatz Individualität versus Standardisierung. Die Standardisierung beim Bau von Fertighäusern bedeutet nämlich eine bessere Koordination, weniger Baufehler und geringere Baukosten. Ein weiteres entscheidendes Unterscheidungsmerkmal ist die Bauzeit. Der Bau eines Massivhauses dauert in der Regel 1,5 bis doppelt so lange wie der eines Fertighauses.

Schließlich waren es eben diese Punkte, nämlich ein insgesamt gutes Preisleistungsverhältnis, die standardisierte Fertigung aus einer Hand sowie eine kurze Bauzeit, die zu unserer Entscheidung für ein Fertighaus und gegen ein Massivhaus bzw. Architektenhaus geführt hat. Im nächsten Schritt gilt es den richtigen Fertighausanbieter zu finden.

 

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Literatur

 


 

Massivhaus oder Fertighaus – Was ist besser.

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Massivhaus versus Fertighaus – Die richtige Entscheidung

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Warum man unbedingt ein Fertighaus bauen sollte

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3 entscheidende Gründe gegen ein Massivhaus

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