Stammzellen aus Knochenmark, Nabelschurblut oder Fettgewebe
Es gibt nicht nur verschiedene Typen von Stammzellen – embryonale und adulte Stammzellen mit pluripotenten bzw. multipotenten Fähigkeiten -, sondern auch verschiedene Quellen der Stammzellengewinnung. Jahrzehntelang wurden Stammzellen vorrangig aus Knochenmark extrahiert, doch in den letzten Jahren ist die Weiterverwendung von Stammzellen aus Nabelschnurblut immer beliebter geworden. In Zukunft könnte etwas das bei den meisten Menschen sehr unbeliebt ist, nämlich Fettzellen oder Milchzähnen, ebenfalls eine interessante Quelle für die Stammzellenforschung werden. Die Vor- und Nachteile einer Stammzell-Einlagerung aus Nabelschnurblut (Plazentarestblut) haben wir hier für dich beschrieben. Doch welche Vor- und Nachteile haben jetzt die Quellen von Stammzellen in einem Gesamtvergleich?
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Vor- und Nachteile einer Knochenmarkspende
Die Stammzellenforschung wird in der öffentlichen Wahrnehmung noch immer stark mit der Bekämpfung von Leukämie verbunden. Tatsächlich wurden die ersten Verfahren der Stammzellengewinnung für die medizinische Weiterverwendung bei Knochenmarkblut angewendet. Bis heute ist Knochenmark bzw. Knochenmarkblut noch ein wichtiger Lieferant für multipotente Stammzellen. Dafür werden die Blutstammzellen bevorzugt aus dem Beckenkamm entnommen, da an dieser Stelle das Knochenmark nur durch eine ziemlich dünne Knochenschicht von der Haut getrennt wird. Aufgrund des Naheverhältnis ist die Entnahme relativ risikoarm und durch mehrfache Punktionen kann in diesem Bereich das Knochenmarkblut fließen.
Doch ergeben sich daraus durchaus auch Nachteile, denn die Entnahme von Blutstammzellen aus Knochenmark:
- birgt ein gesundheitliches Restrisiko, da sie in Vollnarkose durchgeführt wird
- hinterlässt zumeist für einige Tage leichte Blutergüsse, ein Kribbeln und teilweise Schmerzen
- umfasst einen relativ hohen Gesamtaufwand und die Menge an Stammzellen ist im Verhältnis gering.
Fazit zur Knochenmarkspende
Die Stammzellspende wird noch immer sehr oft mit der Knochenmarkblut-Entnahme verknüpft. Aufgrund der Verbindung von Krebsbekämpfung und Knochenmarkspenden bzw. Knochenmarkblutspenden haben viele Menschen diese beiden Themen (Krebs und Stammzellen) gemeinsam im Ohr. Die Stammzell-Forschung der Regenerativen Medizin hat jedoch längst viele neue medizinischen Felder entdeckt und arbeitet laufend an neuen Transplantation- und Therapiemethoden. Es keinesfalls nur mehr um die Bekämpfung von Krebs, sondern auch um die Heranzüchtung neuer Organe, Knorpel- und Gelenkteile. Sogar gegen chronische Erkrankungen wie Diabetes 2 zeigen erste Studien gravierende Fortschritte. Hierfür ist die recht aufwändige Gewinnung von Stammzellen aus Knochenmarkblut möglicherweise nicht mehr die ideale Quelle für die zusätzlichen Anwendungsfelder.
Zu dem Thema Stammzellenspenden gegen Blutkrebs haben wir hier einen Beitrag geschrieben. In unserer Liste der öffentlichen Nabelschnurbanken in Deutschland findest du ganz bestimmt eine passende Möglichkeit für eine Spende.
Die Entdeckung einer unkomplizierten Quelle – Stammzellen aus Nabelschnurblut
Nabelschnurblut enthält viele „sehr junge“, multipotente Stammzellen und nimmt in der Stammzellenforschung der Regenerativen Medizin eine immer größere Rolle ein. Früher wurde das Nabelschnurblut inklusive dem Nabelschnurgewebe nach der Abnabelung einfach entsorgt, doch dank den neuen Verfahrensmethoden in der Stammzellengewinnung hat sich dahingehend vieles verändert. Aufgrund dieser technischen Fortschritte wurden in den letzten zwei Jahrzehnten zunehmend die werdenden Mütter zu einer Spende bzw. Einlagerung der Stammzellen ihres Nabelschnurblutes angeregt. Das macht auch Sinn, weil diese Stammzellen im Vergleich zur jenen aus dem Knochenmark noch sehr wenige Teilungen hinter sich haben und daher in ihrer Erbinformation noch sehr robust sind. Oder anders formuliert: Stammzellen aus Nabelschnurblut sind „unverbrauchter“ bzw. „unbelasteter“ als jene aus einem erwachsenen Beckenkamm, der bei der Gewinnung aus Knochenmarkblut herangezogen wird.
Die Entnahme von Stammzellen aus Nabelschnurblut bzw. Nabelschnurgewebe bringt folgende Vorteile gegenüber jener aus Knochenmarkblut:
- sie sind in ihrer Gewinnung schmerzfrei
- sie verursachen bei der Entnahme keinen zusätzlichen Arbeitsaufwand
- es ist sowohl eine öffentliche Spende als auch eine private Einlagerung möglich
Fazit zu Stammzellen aus Nabelschnurblut
Aufgrund der zunehmenden medizinischen Forschungs- und Therapiefelder werden Stammzellen immer gefragter. Die Stammzellen aus Nabelschnurblut bzw. -gewebe sind in ihrer Gewinnung sehr unkompliziert und verursachen weder einen speziellen Arbeitsaufwand noch irgendwelche Schmerzen. Das, was ansonsten einfach entsorgt werden würde, wird weiterverarbeitet und in besonderen Tanks gelagert. Darüber hinaus können Eltern frei entscheiden, ob die Stammzellen der Allgemeinheit zugutekommen oder privat für das eigene Kind gelagert werden sollen.
Für den deutschsprachigen Raum haben wir dir hier eine Übersicht über die Anbieter einer privaten Stammzellen-Einlagerung aus Nabelschnurblut zusammengestellt. Für die Städte Berlin, München, Hamburg, Köln, Erlangen und Leipzig haben wir für dich schon die passenden Kooperationskliniken recherchiert.
Noch in den Kinderschuhen…. Die Stammzellen aus Fettgewebe
Die Verfahrensmethode der Stammzell-Gewinnung aus Fettgewebe steht noch am Anfang, darum sind die hier beschriebenen Vorteile mit Vorsicht zu genießen. Dieser Hinweis ist schon deswegen notwendig, da einer der prominenten Anbieter von Stammzellenspenden aus Fettzellen auf seiner Homepage derzeit jegliche Beratungen, Termine und Behandlungen nicht mehr durchführt [1]. Grund dafür sind die bevorstehenden Prüfungen durch Regierungsbehörden und die anschließende Bewertung dieser neuen Gewinnungstechnik. Auf den ersten Blick klingt es wunderbar: das unliebsame Fettpölsterchen wird abgesaugt und anschließend werden die Stammzellen isoliert und weiterverwendet. Die Studienlage ist noch recht unausgegoren, doch seit 10 Jahren ist unbestritten, dass Fettzellen auch Stammzellen enthalten.
Folgende Vorteile könnte die Gewinnung von Stammzellen aus Fettgewebe zukünftig bringen:
- Die Menge der Stammzellen ist deutlich höher als im Knochenmarkblut
- Fettzellen gibt es im Vergleich zu Knochenmark- und Nabelschnurblut in Hülle und Fülle
- Die Entnahme kann „live“ passieren. Die Stammzellen werden direkt am Körper entnommen und sofort an einer anderen Körperstelle weiterverwendet.
Fazit zu Stammzellen aus Fettzellen
Die Gewinnung von Stammzellen aus Fettzellen klingt vielversprechend und verlockend, doch die Studienlage ist noch nicht über die Grundlagenforschung hinausgekommen. Die Regenerative Medizin arbeitet mit großem Interesse an neuen Verfahrenstechniken und setzt auch auf Fettzellen als Quelle für zukünftige Stammzellspenden. Nach derzeitigem Wissensstand kann diese Gewinnungsmethode in Deutschland noch nicht angeboten werden und ist noch in der Experimentier- und Patentierphase.
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Weiterführende Literaturverzeichnis
Jäger, M.; Sager, M.; Knipper, A.; Degistirici, O.; Fischer, J.; Kögler, G. et al. (2004): In-vitro- und In-vivo-Knochenregenerierung durch mesenchymale Stammzellen aus dem Nabelschnurblut. In: Der Orthopade 33 (12), S. 1361–1372.
Kasper, C.; Sayer, H. G.; Höffken, K. (2001): Potenzial adulter Stammzellen für Transplantationskonzepte. In: Der Onkologe 7 (12), S. 1319–1323.
Kröger, Nicolaus; Zander, Axel R.; Ayuk, Francis (2004): Allogene Stammzelltherapie. Grundlagen, Indikationen und Perspektiven. 1. Aufl. (UNI-MED science). Bremen: UNI-MED.
Oduncu, Fuat; Schroth, Ulrich; Vossenkuhl, Wilhelm (2003): Transplantation. Organgewinnung und -allokation ; mit 28 Tabellen (Medizin – Ethik – Recht, 2). Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht.
Stammzellen-München: Stammzellen aus Fettgewebe. URL: https://www.stammzellen-muenchen.de/stammzellen-aus-fettgewebe/, Stand: 02.10.2018.
Takahashi, Kazutoshi; Yamanaka, Shinya (2006): Induction of pluripotent stem cells from mouse embryonic and adult fibroblast cultures by defined factors. In: Cell 126 (4), S. 663–676.
Wang, Sen; Cheng, Hongbin; Dai, Guanghui; Wang, Xiaodong; Hua, Rongrong; Liu, Xuebin et al. (2013): Umbilical cord mesenchymal stem cell transplantation significantly improves neurological function in patients with sequelae of traumatic brain injury. In: Brain research 1532, S. 76–84.
Weingartner, Paul (Hg.) (2009): Rohstoff Mensch, das flüssige Gold der Zukunft? Ist Ethik privatisierbar? ; [der vorliegende Band basiert auf einem internationalen Wissenschaftlergespräch vom 26. – 28. Oktober 2005. Internationales Wissenschaftlergespräch (Wissenschaft und Religion, 20). Frankfurt am Main: Lang.
[1] Stammzellen-München